Einleitung
Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist ein weit verbreitetes Verdauungsproblem, über das Betroffene ungern sprechen. Das ist verständlich, denn wer ständig mit Bauchkrämpfen, Blähungen oder dringendem Stuhldrang kämpft, fühlt sich im Alltag oft eingeschränkt und missverstanden. Dabei ist das Reizdarmsyndrom kein seltenes Phänomen: Schätzungsweise leiden bis zu 16 Millionen Menschen in Deutschland daran. [1] In diesem Artikel erfährst du, was genau ein Reizdarm ist, woran du ihn erkennst, welche Ursachen dahinterstecken können und vor allem, was du tun kannst, um deinen Darm natürlich zu beruhigen.
Was ist ein Reizdarmsyndrom?
Kennst du ständige Bauchschmerzen, Blähungen oder ein Wechselspiel aus Durchfall und Verstopfung? Wenn diese Beschwerden chronisch sind (mindestens 3 Monate), deine Lebensqualität stark beeinträchtigen und keine andere organische Ursache dafür gefunden werden kann, dann sprechen Ärzte vom Reizdarmsyndrom (RDS).
Wichtig ist: Dein Darm zeigt dabei keine sichtbaren Schäden oder Entzündungen, auch wenn er sich “krank” anfühlt. Typische Symptome sind oft Bauchschmerzen, die nach dem Stuhlgang besser werden, ein Blähbauch und eben die Stuhlgangsveränderungen. Je nachdem, welches Problem überwiegt, unterscheidet man verschiedene Typen (Verstopfungs-, Durchfall- oder Mischtyp).
Solltest du solche Symptome bemerken, ist es ratsam, diese ärztlich abklären zu lassen, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Nur so kann die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden.
Fachleute verstehen unter einem Reizdarmsyndrom eine funktionelle Darmstörung, bei der der Darm überempfindlich reagiert, ohne dass eine organische Krankheit als Ursache nachweisbar ist. In der Regel müssen drei Kriterien erfüllt sein, damit von einem Reizdarm gesprochen wird [2]:
Erst wenn all diese Punkte zutreffen, wird die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt. Ärzte bezeichnen den Zustand oft auch als „funktionelle“ Darmstörung oder als chronisch überempfindlichen Darm.
Wichtig ist zu verstehen, dass beim Reizdarm – im Gegensatz zu Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa – keine sichtbaren Entzündungen oder Schäden im Darmgewebe vorliegen. Alle Befunde sind meist unauffällig – und trotzdem hat der Darm „seine liebe Not“.
Gerade das macht den Reizdarm für Betroffene so frustrierend: Sie fühlen sich krank, doch klassische Untersuchungen zeigen nichts. [6]
Reizdarm-Symptome erkennen
Die Symptome eines Reizdarms können zwar von Person zu Person variieren, es gibt jedoch gewisse Muster, die immer wieder auftreten. Typische Reizdarm-Symptome sind:
- Bauchschmerzen und Krämpfe:
wiederkehrende Schmerzen, häufig im Unterbauch, die von leichtem Ziehen bis zu heftigen Krämpfen reichen können. Typischerweise bessern sie sich nach dem Stuhlgang, da die Entleerung Druck nimmt.
- Blähungen und Völlegefühl:
Ein aufgeblähter Bauch (Blähbauch) und vermehrte Gasbildung sind sehr häufig. Viele Betroffene fühlen sich aufgequollen und haben auch mit sichtbarem Bauchumfang (dem berüchtigten „Blähbauch“) zu kämpfen.
- Durchfall und/oder Verstopfung:
Manche haben vor allem häufigen, plötzlichen Durchfall (Diarrhö), andere hauptsächlich Verstopfung (Obstipation); nicht selten wechseln sich Durchfall und Verstopfung sogar ab.
Dieses Wechselspiel ist ein klassisches Anzeichen für Reizdarm. Viele Betroffene kennen beide Symptome: Phasen, in denen sie mehrmals täglich mit dringendem Durchfall zur Toilette müssen, wechseln sich mit Phasen ab, in denen der Darm träge ist und eher Verstopfung auftritt. [7]
Außerdem berichten einige von Übelkeit, schleimigen Stühlen oder dem ständigen Gefühl, „nicht komplett“ zur Toilette gehen zu können.
Auch Rumpeln im Bauch (laute Darmgeräusche) sowie das Gefühl einer unvollständigen Entleerung nach dem Toilettengang sind typisch. Charakteristisch ist zudem, dass die Symptome schubweise auftreten.
Es gibt beschwerdefreie Phasen, die sich mit akuten Schüben abwechseln. Häufig verschlimmern sich die Beschwerden nach dem Essen, insbesondere nach üppigen oder schlecht verträglichen Mahlzeiten, sowie in Stresssituationen.
Genau diese Muster – lange anhaltende, wechselhafte Beschwerden ohne erkennbare organische Ursache – lassen Ärzte an Reizdarm denken. [8]
Die vier Reizdarm-Typen (IBS-C, IBS-D, IBS-M, IBS-U)
Je nachdem, welche Stuhlgewohnheiten überwiegen, unterscheiden Mediziner verschiedene Reizdarm-Typen [9]:
Diese Einteilung hilft vor allem dabei, die Therapie besser anzupassen, beispielsweise bei der Auswahl von Ernährungsempfehlungen oder Medikamenten. Unabhängig vom Typ sind Bauchschmerzen jedoch nahezu immer vorhanden und gelten als das Leitsymptom des Reizdarmsyndroms.
Oft treten die Schmerzen mindestens einmal pro Woche auf und halten über Monate an. Charakteristisch ist, wie bereits erwähnt, dass sie nach dem Toilettengang nachlassen. [10]
Wichtig: Die genannten Symptome können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. So können beispielsweise auch chronische Darmentzündungen, Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder bestimmte Nahrungsmittelunverträglichkeiten ähnliche Beschwerden verursachen.
Wenn deine Beschwerden neu auftreten, sehr stark sind, sich stetig verschlimmern oder wenn du Alarmsignale wie Fieber, ungeklärten Gewichtsverlust oder Blut im Stuhl bemerkst, solltest du unbedingt ärztlich abklären lassen, ob nicht doch eine andere Ursache dahintersteckt.
Erst wenn solche ernsten Ursachen ausgeschlossen wurden, wird ein Reizdarm diagnostiziert. [11]
Mögliche Ursachen: Warum reagiert der Darm gereizt?
Du fragst dich, warum dein Darm so gereizt ist? Die Ursachen für das Reizdarmsyndrom sind vielfältig und oft ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Es ist, als ob dein Darm zwar gesund aussieht, aber seine Funktion gestört ist.
Die Hauptverdächtigen sind:
Eine gestörte Darm-Hirn-Achse: Stress und psychische Belastungen können die Kommunikation zwischen Gehirn und Darm durcheinanderbringen.
Veränderte Darmbewegungen: Dein Darm bewegt sich entweder zu schnell oder zu langsam, was zu Durchfall oder Verstopfung führt.
Infektionen und geschädigte Darmflora: Vorangegangene Darminfektionen oder Antibiotika können das Gleichgewicht deiner Darmbakterien stören und die Darmschleimhaut durchlässiger machen (“Leaky Gut”).
Ein leicht überaktives Immunsystem im Darm: Auch ohne klassische Entzündungen können Immunzellen im Darm überreagieren.
Hormonelle Einflüsse: Besonders bei Frauen spielen Hormone eine Rolle.
Genetische Veranlagung: Eine gewisse Vererbbarkeit ist möglich.
Psychische Faktoren: Stress, Angst und Depressionen können Symptome verstärken oder sogar auslösen, oft entsteht ein Teufelskreis.
Es gibt also nicht den einen Auslöser, sondern meist ein Zusammenspiel dieser Punkte, das deinen Darm überempfindlich macht.
Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind bis heute nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, bei dem körperliche und psychische Einflüsse zusammenkommen. Vereinfacht gesagt ist der Darm gesund, seine Funktion jedoch gestört. Hier sind einige Faktoren, die nach aktuellem Forschungsstand an einem Reizdarm beteiligt sein können [12]:
Gestörte Darm-Hirn-Achse
Unser Darm und unser Gehirn stehen in engem Austausch miteinander (über Nerven und Botenstoffe). Bei Reizdarm gilt diese Kommunikation als gestört. Der Ausdruck „Stress schlägt dir auf den Magen“ ist bei Reizdarm wörtlich zu nehmen.
Viele Betroffene bemerken, dass psychische Belastungen oder Stress ihre Verdauung direkt durcheinanderbringen. Die Darmnerven können in einen Dauererregungszustand geraten und dem Gehirn ständig „Schmerz!” melden. Dieses Phänomen nennt man viszerale Hypersensitivität: Der Darm ist überempfindlich gegenüber Reizen, die andere gar nicht spüren.
Veränderte Darmbewegungen (Motilität)
Bei manchen Reizdarmpatienten ist die Beweglichkeit des Darms gestört. Die Darmmuskulatur kontrahiert unregelmäßig, mal zu schnell (was zu Durchfall führt) und mal zu langsam (was zu Verstopfung führt). Diese Dysmotilität erklärt, warum bei vielen Betroffenen entweder Durchfälle oder Verstopfungen überwiegen.
Infektionen und geschädigte Darmflora
Ein Reizdarm kann mit vorausgegangenen Magen-Darm-Infektionen zusammenhängen. Tatsächlich tritt das Reizdarmsyndrom häufig nach Darminfekten, wie einer Salmonellen-Erkrankung, auf. Das Risiko, nach einer schweren Infektion einen Reizdarm zu entwickeln, ist deutlich erhöht – nach Salmonellen beispielsweise um das Achtfache.
Solche Infekte oder auch Antibiotika-Behandlungen können das natürliche Gleichgewicht der Darmflora (das Darmmikrobiom) stören. Eine länger gestörte Darmflora (Dysbiose) kann die Darmschleimhaut verändern, d. h., sie wird durchlässiger („Leaky-Gut-Syndrom“). Dadurch können Stoffe in die Darmwand eindringen und dort Entzündungsreaktionen auslösen.
Was ist Leaky Gut?
- Das Leaky-Gut-Syndrom wird auch als „durchlässiger Darm Syndrom” bezeichnet. Im Grunde beschreibt diese Bezeichnung den Zustand der Darmschleimhaut. Diese bildet die Schutzbarriere des Darms und schützt normalerweise vor schädlichen Stoffen wie Bakterien, Toxinen und unverdauten Nahrungsbestandteilen. Ist diese Schutzfunktion beeinträchtigt, also die Darmschleimhaut „löchrig“, können Symptome und Gesundheitsprobleme entstehen.
Was ist eine Dysbiose?
- Bei einer Dysbiose ist die Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft, insbesondere im Darm, aber auch in anderen Körperregionen wie Haut, Mund oder Vagina, aus dem Gleichgewicht geraten. Dabei werden nützliche Bakterien durch schädliche oder krankmachende Keime verdrängt, was eine Störung des Mikrobioms zur Folge hat.
Tatsächlich findet man bei einigen Reizdarmpatienten vermehrt entzündliche Botenstoffe und Immunzellen im Darm, obwohl keine klassische Entzündung vorliegt. Diese reizen wiederum die Darmnerven. [13]
Überaktives Immunsystem und Darmbarriere
Es gibt Hinweise darauf, dass das Immunsystem im Darm bei Reizdarm auch unabhängig von Infektionen leicht überaktiv ist. Bestimmte Immunzellen in der Darmwand scheinen zu viele entzündliche Stoffe auszuschütten, wodurch die Darmwand überempfindlich wird.
Zugleich könnte eine zu durchlässige Darmschleimhaut (geschwächte Darmbarriere) dazu führen, dass harmlose Nahrungsbestandteile die Schleimhaut reizen. Dieses Zusammenspiel wird derzeit intensiv erforscht. [14]
Hormonelle Einflüsse
Frauen sind etwas häufiger vom Reizdarm betroffen als Männer, insbesondere in jüngerem Alter. Ein Grund dafür könnten Hormone sein.
So steht das weibliche Sexualhormon Östrogen beispielsweise im Verdacht, die Darmbewegungen und die Schmerzempfindlichkeit zu beeinflussen. Zudem bemerken viele Frauen zyklusabhängige Veränderungen ihrer Verdauung.
Genetische Veranlagung
Einzelne Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Genvarianten die Anfälligkeit für ein Reizdarmsyndrom erhöhen können. Reizdarm ist also unter Umständen zum Teil vererbbar, wobei meist weitere Auslöser hinzukommen müssen, damit die Krankheit ausbricht. [15]
Psychische Faktoren
Körper und Seele sind eng miteinander verbunden – insbesondere beim Darm. So treten Angststörungen, Depressionen oder traumatische Erlebnisse bei Reizdarmpatienten häufiger auf als im Durchschnitt.
Umgekehrt kann ein schwerer Reizdarm natürlich auch psychisch sehr belastend sein. Oft entsteht ein Teufelskreis: Stress und negative Emotionen verstärken die Darmbeschwerden und diese wiederum schlagen auf die Stimmung.
Deshalb geht man davon aus, dass Stressbewältigung und psychologische Betreuung ebenfalls eine Rolle bei der Ursache und der Therapie spielen können. [16]
Wie du siehst, gibt es nicht „DEN“ einen Auslöser für Reizdarm. Vielmehr scheint es ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren zu sein, die schlussendlich zu einem übersensiblen Darm führen.
Bei der einen Person stand vielleicht eine Magen-Darm-Grippe am Anfang, bei der anderen dauerhafter Stress im Job und bei der dritten womöglich eine jahrelang ungünstige Ernährung – oder eine Mischung aus allem. Am
Ende reagiert der Darm auf vielfältige Reize übermäßig empfindlich und meldet Beschwerden, obwohl organisch alles in Ordnung ist.
Diagnose: Wie wird ein Reizdarm festgestellt?
Du fragst dich, wie ein Reizdarm festgestellt wird? Es ist oft eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, bevor die Diagnose “Reizdarmsyndrom” gestellt wird, müssen Ärzte sicherstellen, dass keine andere Erkrankung für deine Beschwerden verantwortlich ist.
Dazu werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:
Bluttests: Um Entzündungen oder andere Grunderkrankungen auszuschließen.
Stuhluntersuchungen: Für den Ausschluss von Infektionen oder Hinweisen auf entzündliche Darmerkrankungen.
Atemtests: Bei Verdacht auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose- oder Fruktoseintoleranz.
Spiegelungen (Endoskopie): Um ernsthafte Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Tumore auszuschließen.
Erst wenn all diese Tests keine andere Ursache liefern und deine typischen Reizdarm-Beschwerden (chronische Bauchschmerzen, beeinträchtigte Lebensqualität) seit mindestens drei Monaten bestehen, wird die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt.
Die Diagnose „Reizdarmsyndrom“ ist häufig eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass vor der Diagnosestellung „Reizdarm“ andere mögliche Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen werden müssen.
Dieser Prozess kann langwierig sein, da viele Tests erforderlich sind, um sicherzustellen, dass keine andere Erkrankung vorliegt.
Was wird untersucht? Typischerweise beginnt es mit einem ausführlichen Gespräch über deine Beschwerden und deine Krankengeschichte. Anschließend folgen in der Regel körperliche und Laboruntersuchungen.
Häufige Schritte auf dem Weg zur Diagnose sind zum Beispiel [17]:
Erst wenn all diese Untersuchungen keinen Befund liefern, also keine andere Erkrankung die Symptome erklärt, und die typischen Reizdarm-Beschwerden gleichzeitig seit mindestens drei Monaten bestehen, wird die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt.
Dabei orientieren sich Ärzte an den sogenannten Rom-IV-Kriterien, die international anerkannt sind und genau definieren, ab wann es sich um einen Reizdarm handelt. Diese decken sich im Wesentlichen mit den drei oben genannten Punkten (chronische Beschwerden, beeinträchtigte Lebensqualität, keine andere nachweisbare Ursache). [18]
Für dich als Patient ist es sicherlich frustrierend, so lange auf eine klare Diagnose warten zu müssen. Doch das Ausschlussverfahren ist wichtig, um sicherzustellen, dass keine behandelbaren Ursachen übersehen werden.
Viele Betroffene haben vor der Diagnose Reizdarm eine richtige Ärzte-Odyssee hinter sich. Wenn die Diagnose gestellt ist, sind viele erleichtert, endlich einen „Namen” für ihre Beschwerden zu haben – auch wenn der Begriff „Reizdarm” zunächst nicht viel greifbarer erscheint als die Beschwerden selbst. Nun kann zumindest gezielt überlegt werden, wie man die Symptome in den Griff bekommt.
Leben mit Reizdarm – was hilft wirklich?
Es gibt keine Patentlösung für das Reizdarmsyndrom, denn jeder Darm reagiert anders. Aber keine Sorge: Du kannst deine Beschwerden oft erheblich lindern und ein nahezu normales Leben führen, auch wenn eine “Heilung” im klassischen Sinne (noch) nicht möglich ist. Das Zauberwort ist ein individueller, multimodaler Ansatz, der verschiedene Strategien kombiniert:
Ernährung anpassen: Finde deine persönlichen Auslöser (oft blähende, fettige oder scharfe Speisen, Kaffee, Alkohol). Ein Ernährungstagebuch oder die Low-FODMAP-Diät können helfen, den Darm zu entlasten.
Stress reduzieren & entspannen: Da Stress die Symptome oft verschlimmert, sind Entspannungstechniken (Yoga, Meditation, Hypnose) und psychologische Betreuung entscheidend.
Regelmäßige Bewegung: Moderate Aktivität kurbelt die Verdauung an und hilft, Stress abzubauen.
Medikamente bei Bedarf: Bei starken Symptomen können krampflösende Mittel, Durchfall- oder Verstopfungsmedikamente sowie pflanzliche Präparate Linderung verschaffen – aber immer begleitend zu Lebensstiländerungen und nach Rücksprache mit dem Arzt.
Probiotika & Darmflora-Aufbau: Da die Darmflora oft aus dem Gleichgewicht ist, können Präparate mit guten Darmbakterien helfen, sie wieder aufzubauen.
Hausmittel & natürliche Helfer: Wärme, Kräutertees (Pfefferminz, Fenchel-Kümmel-Anis), sanfte Bauchmassagen oder Flohsamenschalen können im Alltag Linderung bringen.
Ganzheitliche Mittel & Superfoods: Präbiotische Ballaststoffe oder bestimmte Superfoods können den Darm langfristig unterstützen.
Es erfordert etwas Ausprobieren, aber es lohnt sich, auf deinen Körper zu hören und die für dich passende Kombination zu finden!
Leider gibt es kein Patentrezept, das allen Reizdarmpatienten hilft. „One size fits all“ funktioniert beim Reizdarmsyndrom nicht, da die Ausprägungen zu unterschiedlich sind.
Was bei dem einen Wunder wirkt, bringt der nächsten Person vielleicht gar nichts – und umgekehrt.
Deshalb empfehlen Experten ein individuelles, multimodales Behandlungskonzept. Das bedeutet, dass verschiedene Ansätze (Ernährung, Stressabbau, ggf. Medikamente etc.) kombiniert werden, die auf die jeweiligen Symptome und Lebensumstände maßgeschneidert sind. Ein solcher Mix kann tatsächlich sehr erfolgreich sein.
Je nach Schwere der Symptome können erhebliche Einbußen der Lebensqualität die Folge sein. Wenn die Gedanken sich plötzlich mehr um die nächste verfügbare Toilette drehen als um die Essensauswahl im Restaurant.
Ein Reizdarm entsteht in der Regel nicht über Nacht, sondern manifestiert sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Wenn man mit genügend Mut, Selbstfürsorge und der nötigen Zeit an sich arbeitet, steigen die Chancen, symptomfrei zu werden.
Wichtig vorab: Eine Heilung im klassischen Sinne ist (noch) nicht möglich. Reizdarm ist eine chronische Veranlagung. Aber – und das ist entscheidend – du kannst deine Beschwerden oft erheblich lindern und ein weitgehend normales Leben führen.
Viele Betroffene schaffen es, mit der richtigen Strategie nahezu beschwerdefrei zu werden oder zumindest Schübe und deren Intensität deutlich zu reduzieren. Es erfordert etwas Detektivarbeit und Ausprobieren, aber es lohnt sich!
Hier ein paar bewährte Maßnahmen, die (in Kombination) vielen helfen:
Ernährung anpassen
Einer der ersten Ansatzpunkte ist die Ernährung. Pauschale Diätvorschriften, die bei jedem Reizdarm helfen, gibt es zwar nicht.
Dennoch berichten viele Betroffene, dass sie bestimmte Lebensmittel als Auslöser identifiziert haben. Häufige Auslöser sind beispielsweise blähende Speisen (Kohl, Hülsenfrüchte), sehr fettige oder stark gewürzte Gerichte, Kaffee, Alkohol oder auch Milchprodukte.
Ein Ernährungstagebuch kann dabei helfen, die persönlichen Auslöser aufzudecken. Ein bekannter therapeutischer Ansatz ist die Low-FODMAP-Diät. Dabei verzichtet man eine Zeit lang auf schwer verdauliche Kohlenhydrate, um den Darm zu entlasten. Studien haben gezeigt, dass diese Diät vielen Reizdarm-Betroffenen hilft.
Allerdings ist sie recht einschränkend und sollte nur nach Rücksprache mit Ärzten oder Ernährungsberatern durchgeführt werden, um Nährstoffmängel zu vermeiden. Oft reicht es schon, bestimmte unverträgliche Nahrungsmittel wegzulassen, anstatt gleich ein so strenges Regime zu fahren. Hier gilt: Beobachte, was dein Bauch sagt, und passe deine Ernährung entsprechend an. [19]
Stressreduktion und Entspannung
Da die Psyche eine große Rolle spielt, ist Stressmanagement zentral. Viele merken, dass sich ihre Symptome bei Stress verschlimmern, aber bei Entspannung verbessern.
Lerne also, deinem Alltag mehr Ruhe zu geben. Das beginnt beim Essen (esse in Ruhe und bewusst) und hört bei der Work-Life-Balance noch lange nicht auf. Entspannungsverfahren wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Yoga oder Meditation können wahre Wunder wirken.
Eine spezielle und sehr effektive Methode bei Reizdarm ist die Darmhypnose. Das klingt vielleicht ungewöhnlich, hat sich in Studien aber als sehr erfolgreich erwiesen. Dabei versetzt dich eine Therapeutin (oder eine Audio-Anleitung) in eine tiefe Entspannung und gibt deinem Unterbewusstsein positive Suggestionen, die den Darm beruhigen sollen.
Viele Kliniken bieten mittlerweile darmgerichtete Hypnotherapie an und es gibt sogar CDs oder Apps dafür.
Auch eine psychotherapeutische Betreuung, beispielsweise in Form einer Verhaltenstherapie, kann helfen, besser mit der Krankheit umzugehen und stressverschärfende Gedankenmuster abzubauen. Scheue dich nicht, diesen Weg zu gehen – Körper und Geist gehören zusammen. [20]
Bewegung
Regelmäßige körperliche Aktivität tut dem Darm gut. Moderate Bewegung, wie beispielsweise Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen oder Gymnastik, regt die Verdauung an und wirkt gleichzeitig stressabbauend. Studien zeigen, dass bereits leichtes Ausdauertraining die Darmtätigkeit harmonisieren und Verstopfung vorbeugen kann.
Suche dir eine Aktivität, die dir Spaß macht. Selbst tägliche zügige Spaziergänge können helfen, den Darm in Schwung zu halten und Krämpfe zu lösen. [21]
Medikamente bei Bedarf
Es gibt zwar kein spezifisches Reizdarm-Medikament, aber je nach Leitsymptom können bestimmte Arzneimittel Linderung verschaffen.
- Bei starken Krämpfen helfen beispielsweise krampflösende Mittel (Spasmolytika).
- Bei Durchfall können kurzzeitig Durchfallhemmer (wie Loperamid) eingenommen werden, um akute Schübe zu bremsen, beispielsweise auf Reisen.
- Verstopfung spricht oft auf Ballaststoffpräparate oder milde Abführmittel (z. B. Flohsamenschalen, Macrogol) an.
Auch pflanzliche Präparate kommen zum Einsatz. Studien zeigen beispielsweise, dass Myrrhe-Extrakte bei Durchfall und Blähungen im Rahmen des Reizdarmsyndroms helfen können. Wichtig ist, solche Mittel gezielt und nach Rücksprache mit dem Arzt einzusetzen, damit du nicht langfristig in eine Abhängigkeit gerätst (dies gilt vor allem für Abführmittel).
Medikamente bekämpfen zwar die Symptome, setzen aber nicht an den Ursachen an. Daher sollten sie immer begleitend zu Lebensstiländerungen eingenommen werden und nicht als alleinige Lösung. [22]
Probiotika und Aufbau der Darmflora
Da die Darmflora bei Reizdarm häufig aus dem Gleichgewicht gerät, kann es helfen, sie wieder aufzubauen. Probiotika, das sind Präparate mit guten Darmbakterien, haben in einigen Studien positive Effekte gezeigt.
Sie können beispielsweise die Neigung zu Blähungen reduzieren und die Darmbarriere stärken. Allerdings reagieren Betroffene sehr unterschiedlich auf Probiotika.
Dem einen hilft es spürbar, beim anderen ändert sich nichts. Hier heißt es: Ausprobieren (am besten über mehrere Wochen) und beobachten, ob es einem guttut. Es gibt auch Synbiotika, die Probiotika mit Präbiotika kombinieren.
Präbiotika sind Nahrung für die guten Bakterien, meist Ballaststoffe. [23,24]
Hausmittel und natürliche Helfer
Viele Hausmittel können Reizdarm-Beschwerden im Alltag lindern. Wärme tut fast allen gut: Eine gemütliche Wärmflasche auf dem Bauch entspannt verkrampfte Darmmuskeln. Kräutertees sind ein altbewährtes Mittel: Insbesondere Pfefferminztee sowie Tees aus Fenchel, Kümmel und Anis wirken entkrampfend auf den Darm und helfen gegen Blähungen.
Auch Kamille und Melisse haben eine beruhigende Wirkung auf den Verdauungstrakt. Achte darauf, die Tees nicht kochend heiß, sondern warm zu trinken – das ist magenfreundlicher. Eine sanfte Bauchmassage im Uhrzeigersinn kann bei Verstopfung die Darmtätigkeit anregen.
Manche schwören auch auf Leinsamen oder Flohsamenschalen. Wenn sie in Wasser quellen, bilden sie einen schleimigen Film, der den Darm gleitfähiger macht. Zugleich liefern sie Ballaststoffe für eine geregelte Verdauung. Bei akuten Krämpfen kann auch ein Präparat mit Pfefferminzöl helfen, da es die Darmmuskulatur entspannt und Schmerzen reduziert. Übrigens: Pfefferminzöl und Melissen-Extrakt sind in Studien als wirksame pflanzliche Mittel bei Reizdarm anerkannt. [25]
Ganzheitliche Mittel und Superfoods
Einige Betroffene setzen auf Naturprodukte, um ihren Darm langfristig zu stärken. So können beispielsweise präbiotische Ballaststoffe, wie Inulin aus Topinambur oder Zichorie, die guten Darmbakterien in der Ernährung fördern.
Es gibt auch Superfood-Mischungen mit einem besonders hohen Ballaststoffgehalt. Erwähnenswert ist hier Nurisan®, eine Mischung aus 14 natürlichen Zutaten, die 32 g Ballaststoffe pro 100 g enthält.
Diese Mischung setzt auf die natürlich vorkommenden Ballaststoffe der Zutaten und kommt ohne die Zugabe isolierter Stoffe wie Inulin, Flohsamenschalen oder Akazienfasern aus.
Diese einzigartige Mischung ermöglicht eine komplexe Matrix an Ballaststoffen, die eine perfekte Nahrungsgrundlage für eine große Vielfalt an Darmbakterien darstellt und dadurch besonders ergiebig ist, um die Vielfalt der individuellen Darmflora zu unterstützen.
Auch bestimmte Superfoods wie Kurkuma (wirkt entzündungshemmend), Ingwer (verdauungsfördernd) oder Heilpilze wie Reishi geraten in den Fokus. Hier kommt auch das Konzept der Darmsanierung ins Spiel, bei der der Darm durch eine Kombination aus Ernährungsumstellung, Probiotika und gegebenenfalls Entgiftungskuren wieder ins Gleichgewicht gebracht wird. [26]
In unserem weiterführenden Artikel zur Darmsanierung erfährst du mehr darüber, wie du deine Darmflora aufbauen und deinen Darm „zurücksetzen“ kannst. Auch zum Thema Ernährung bei Reizdarm sowie Hausmittel gegen Reizdarm findest du in unserem Ratgeber ausführliche Beiträge.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass es inzwischen Produkte gibt, die mehrere dieser natürlichen Ansätze kombinieren.
Ein Beispiel ist Nurisan®, ein darmoptimiertes Superfood aus verschiedenen ballaststoffreichen Pflanzenstoffen. Es enthält unter anderem Hanfprotein, Gerstengras, Ingwer und viele weitere in Bio-Qualität.
Ein solcher Mix kann den Darm mit wertvollen Nährstoffen und Ballaststoffen versorgen und ihn so auf natürliche Weise unterstützen. Natürlich ist das kein Medikament, aber es arbeitet „für” deinen Darm, indem es ihm hilft, ins Gleichgewicht zu kommen – ganzheitlich gedacht.
Wichtig ist: Egal, ob spezielle Superfoods, Hausmittel oder Probiotika – höre auf deinen Körper. Was dir guttut, behalte bei, was nichts bringt, darfst du zur Seite legen.
Erfahre mehr über das Thema „Reizdarm”.
Jeder von uns hat schon einmal Bauchbeschwerden gehabt. Aber sind Bauchschmerzen, die beispielsweise bei Stress oder Prüfungsdruck auftreten, gleich ein Zeichen für Reizdarm? Dr. Johannes Wimmer erklärt es dir.
Mit Reizdarm leben – du bist nicht allein!
Ein Reizdarm ist sicherlich keine angenehme Sache. Die ständigen Bauchbeschwerden können dich im Alltag belasten und dich manchmal zur Verzweiflung bringen. Doch du bist nicht allein: Millionen Menschen kennen diese Probleme. Die wichtigsten Botschaften zum Schluss sind:
Verliere nicht den Mut und nimm deinen Darm ernst!
Auch wenn es in der Medizin noch keine einfache Pille gegen Reizdarm gibt, so gibt es doch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um dein Bauchgefühl zu verbessern. Mit einer individuellen Mischung aus Ernährung, Entspannung, Bewegung und natürlichen Helfern kannst du häufig enorme Fortschritte erzielen.
Hab Geduld mit dir und deinem Verdauungstrakt. Verbesserungen stellen sich oft nur schrittweise ein. Feiere kleine Erfolge, zum Beispiel, wenn du eine Woche lang weniger Beschwerden hattest als in der Woche zuvor.
Lerne, die Sprache deines Bauches zu verstehen. Was bekommt dir, was nicht? Mit jeder neuen Erkenntnis kommst du der Kontrolle ein Stück näher. Denke auch daran, dass ein Reizdarm zwar chronisch ist, aber keine schweren Schäden anrichtet – er ist einfach nur lästig. Viele Betroffene führen trotz Reizdarm ein erfülltes, aktives Leben, indem sie ihren eigenen Weg im Umgang damit finden.
Du kannst dir jederzeit Unterstützung holen, zum Beispiel von Ärzten, Ernährungsexperten oder Psychologen. Sprich auch mit deinem Umfeld offen darüber. Meist reagieren Menschen verständnisvoller als gedacht, wenn sie wissen, was los ist.
Lass dich also nicht unterkriegen. Mit Wissen, Ausprobieren und einer Prise Gelassenheit wirst du deinen Reizdarm Schritt für Schritt besser in den Griff bekommen. Dein Bauch darf ruhig sensibel sein – du lernst, gut für ihn zu sorgen!
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bitte ziehe bei schweren oder neuen Symptomen immer einen Arzt hinzu.